Wissenswertes über Schiffchenspitze
(Auszüge aus dem Buch: Kreatives Occhi von Helma Siepmann)
Die Zierknüpftechnik hat vermutlich ihren Ursprung in China und wurde vor rund 300 Jahren nach Europa gebracht.
Hierzulande nannte man sie früher "Schiffchenarbeit" (wegen der schiffchenähnlichen
Werkzeuge). Heute sagt man "Occhi", was auf die augenförmigen Musterringe mit den Ösen hinweisen soll (in Anlehnung an das lateinische Wort oculus = Auge). Die Franzosen nennen die
Handarbeitstechnik "frivolité", weil es im Grunde eine unnütze (frivole) Handarbeit ist. In England heißt sie "tatting", ebenso in Amerika, In Italien "chiaccherino
", im Orient "makuk".
Anfänglich wurden lediglich Knotenstränge geknüpft, die dann zu
schneckenhausförmigen Ornamenten appliziert wurden. Später entdeckte man,
dass der Kreis bereits beim Knüpfen in der Hand geschlossen werden konnte, und so entstanden die ersten Ringe.
Setzt man die Knoten nicht dicht hintereinander, sondern lässt einen kleinen Abstand, bildet man beim Zuziehen des Ringes automatisch die Ösen. Zunächst
waren sie lediglich Verzierung. Später benutzte man sie auch zum Verbinden der Ringe untereinander. Sie bekamen also eine zweifache Funktion.
Diese Handarbeit wurde lange Zeit nur von adeligen Frauen ausgeführt. Irgendwann Anfang des 19. Jahrhunderts gelangte die
Schiffchenarbeit in die Klöster. Mitte des 19. Jahrhunderts erfuhr die Occhi-Technik einen neuen Aufschwung, als man nämlich die Möglichkeit entdeckte, mit zwei Schiffchen zu arbeiten. Man nahm
den einen Schiffchenfaden samt Schiffchen über die linke Hand, ließ das Schiffchen baumeln und führte das zweite Schiffchen mit der
rechten Hand um diesen Faden herum zum Knoten. Da der Schiffchenfaden über der linken Hand nicht zum Daumen zurückgeführt wurde, blieb die Handschlaufe offen, und somit entstanden die Bögen.
Ein knappes Jahrhundert lang wurden nun immer schönere und
aufwendigere Muster entworfen. Es war eine elegante Handarbeit, mit der sich fast ausschließlich die bessere Gesellschaft
befasste. Die Bewegungen der Hände sind anmutig und waren somit für
aristokratische Kreise wie geschaffen. Die Schiffchen wurden immer kostbarer. Es gab sie aus Gold, Achat, Bernstein, Bergkristall, Perlmutter, Meißener Porzellan, versteinertem Holz etc., z. T. mit
Goldfassung, mit Juwelen besetzt oder mit Drahtemaille reichlich verziert.
Die beiden Weltkriege mit ihrer Notwendigkeit, Socken und Pulswärmer für die Soldaten
zu stricken, ließen diese "unnütze" Handarbeit in Vergessenheit geraten. Erst Mitte der siebziger
Jahre wurde sie hierzulande wieder publik. Seitdem finden Occhi-Kurse an immer
mehr Orten in den Volkshochschulen und Familienbildungsstätten statt.
Einen weiteren Aufschwung hat Occhi durch die neue
kreative Occhi-Technik bekommen. Durch eine Kombination der beiden bisher bekannten klassischen Knoten (Doppelknoten und Wechselknoten) entwickelte Helma Siepmann einen neuen: den Kreativknoten
. Er besteht aus je 1/2 Doppel- und 1/2 Wechselknoten und ermöglicht somit völlig neue Musterformen. Außerdem ist man nicht mehr an vorgegebene Musterrapports
gebunden. man braucht also nicht mehr aufmerksam zu zählen und kann praktisch keine Fehler mehr machen. Gestalten lassen sich mit der kreativen Occhi-Technik Blumen, Stauden, Bäume und vieles mehr.
